Arbeitszeugnisse: Der geheime Code der Arbeitgeber

Arbeitszeugnisse: Der geheime Code der Arbeitgeber

Dieser Artikel lüftet das Geheimnis, was wirklich in Ihrem Zeugnis steht. Er hilft Ihnen zu erkennen, ob Ihre Zeugnisse wirklich gut sind oder ob sie „mangelhaft“ sind.
Denn bei Ihren nächsten Bewerbungen kommt es darauf an, was in Ihrem Zeugnis steht.

Wer freut sich nicht über eine Urkunde oder ein positives Zeugnis, in dem die eigenen Leistungen noch einmal lobend hervorgehoben werden?

Aus der Schulzeit kennt man noch die Ehren- oder Siegerurkunden von Sportwettkämpfen. Heute gibt es sogar Urkunden, die bestätigen, dass man „mit Erfolg teilgenommen“ hat. Hört sich gut an, sagt aber nur aus, dass die beschriebene Leistung auch mit „war an diesem Tag dabei“ beschrieben werden kann.

Ähnliches kennen wir aus dem Berufsleben in Form des qualifizierten Arbeitszeugnisses. Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf ein wohlwollend formuliertes qualifiziertes Arbeitszeugnis. Dieser Anspruch besteht unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer vollzeit- oder teilzeitbeschäftigt ist. Der Arbeitgeber ist jedoch nicht verpflichtet, von sich aus ein Zeugnis auszustellen. Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer die Ausstellung eines Zeugnisses verlangen, um ein solches zu erhalten. In der Praxis ist es jedoch üblich, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer von sich aus ein Zeugnis ausstellt.

Das Arbeitsrecht schreibt vor, dass der Arbeitgeber das Zeugnis positiv formulieren muss. Da es nicht immer nur Positives zu berichten gibt, hat sich unter den Arbeitgebern eine Art Zeugniscode, eine Zeugnisgeheimsprache, verbreitet. So liest sich zwar grundsätzlich jedes Arbeitszeugnis positiv, aber für die „Code-Versteher“ ergeben sich ganz andere Aussagen und Bewertungen.

Ein Beispiel: „Wir wünschen ihm alles erdenklich Gute, insbesondere auch Erfolg bei seinen weiteren Bemühungen“ – hört sich auf den ersten Blick gar nicht so schlecht an – ist aber total negativ und bedeutet: mangelhaft: Diese Person hat in diesem Betrieb keine Erfolge erzielt. In einem Schulzeugnis wäre das eine glatte 5.

Was wird bewertet?

Im Arbeitszeugnis wird versucht, alle Facetten des Arbeitslebens zu erwähnen und zu bewerten. Also nicht nur die erbrachte fachliche Leistung, sondern auch das Verhalten des Arbeitnehmers gegenüber Kollegen und Vorgesetzten. Dabei halten sich Arbeitgeber häufig an das Schema, folgende Eigenschaften zu beschreiben:

  • Bereitschaft: z.B. Eigeninitiative, Bereitschaft zu Überstunden
  • Befähigung: z.B. Analyse- und Urteilsvermögen, konzeptionelles Denken, „über den Tellerrand blicken“
  • Fachwissen: Kompetenz über die erbrachte Aufgabe (theoretisch und praktisch)
  • Arbeitsweise: z.B. Selbstständigkeit, Zuverlässigkeit, Geschwindigkeit
  • Leistung: Wurden die Aufgaben zur Zufriedenheit des Arbeitgebers erledigt
  • Verhalten: Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzten
  • Dank / Bedauern: Damit zeigt der Arbeitgeber ob man über den Verlust des Mitarbeiters traurig ist oder nicht
  • Erfolgswünsche: Meist nur Floskeln

Wie wird bewertet

Anhand der Zeugnisinformationen kann sich ein potenzieller neuer Arbeitgeber ein gutes Bild über den Arbeitnehmer machen. Dabei ist die „Codesprache“ besonders wichtig. Denn alle beschriebenen Eigenschaften werden zusätzlich mit einem Notensystem bewertet. Diese sind dem Schulsystem angepasst und reichen von „sehr gut“ bis „ungenügend“.

Zeugnis-Code entschlüsselt

Hier ein klassischer Zeugniseintrag, der die Leistungen/Leistungsfähigkeit  beschreiben soll.

  1. „Die Arbeiten wurden stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt“
  2. „Die Arbeiten wurden zu unserer Zufriedenheit erledigt“
  3. „Er / Sie hat sich stets bemüht, die Arbeit zu unserer Zufriedenheit zu erledigen“

Eine genauere Analyse dieser 3 Formulierungen zeigt, dass es oftmals kleine Worte sind die den Unterschied machen:

  1. fallen die Worte stets und vollsten auf. Diese signalisieren dem Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer eine sehr gute Arbeitsleistung erbracht hat.
  2. fällt auf, dass diese „kleinen“ Worte (Stets, vollsten) fehlen und somit haben wir bereits das Signal, dass Leistung nur „ausreichend“ war.
  3. findet sich das Wort stets zwar wieder, hier ist allerdings Vorsicht angebracht. Das Wort steht nämlich in Verbindung mit bemüht. Und Arbeitgeber wissen hier sofort – wer sich stets bemüht hat den Aufgaben gerecht zu werden, der hat nichts auf die Reihe bekommen – eine glattes „ungenügend“ also.

Das obige Beispiel zeigt, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Arbeitszeugnisse lesen sich zwar immer gut, aber das geübte Auge erkennt sofort, wer gute Leistungen erbracht hat und wer nicht.

In der folgenden Tabelle finden Sie noch einige Beispielsätze, in denen Eigenschaften mit unterschiedlichen Bewertungen aufgelistet sind und die typischerweise in Arbeitszeugnissen verwendet werden:

Beispiele für Geheimcodes in der Zeugnissprache

Wir haben die wichtigsten Codes zusammengefasst und als PDF bereitgestellt.

  • Stets zu unserer vollsten/ größten/ äußersten Zufriedenheit – Note 1
  • Zu unserer vollsten Zufriedenheit – Note 1-2
  • Stets zu unserer vollen Zufriedenheit – Note 2
  • Zu unserer vollen Zufriedenheit/ Stets zu unserer Zufriedenheit – Note 3
  • Zu unserer Zufriedenheit – Note 4
  • Insgesamt/ Im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit – Note 5

Wir haben die gängigsten Formulierungen in eine PDF für Sie zusammengepackt.
Zeugnissprache Decodiert (PDF)

Weiterführende Links

IG Metall: Zeugnisformulierungen (PDF)

Verschlüsselte Formulierungen Artikel von Arbeitszeugnisse.de

Abschließende Bemerkungen

Wer sein Arbeitszeugnis bekommt sollte also davor gewarnt sein, dass der Arbeitgeber zwar seiner Pflicht nachkommt ein wohlwollendes Zeugnis auszustellen, dass er aber mit dem Zeugnis-Code durchaus in der Lage ist, die Bewertung stark herabzusetzen.

Es lohnt sich also jedes Arbeitszeugnis nochmals genauer unter die Lupe zu nehmen. Denn wer die Codes der Arbeitgeber kennt, kann diese auch darauf ansprechen und gegebenenfalls ein neues Arbeitszeugnis anfordern. Oder sich gegebenenfalls darauf vorbereiten, wenn er im nächsten Vorstellungsgespräch auf Negativ-Hinweise im Zeugnis angesprochen wird .

Das PeDiMa Team wünscht viel Erfolg und steht bei Fragen zum Zeugnis gerne zur Verfügung!

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